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Hochporöse Gläser durch Feinabstimmung ihrer chemischen Zusammensetzung
- Neues aus der Fakultät 2024
Die Arbeitsgruppe Henke berichtet in „Nature Communications“ über eine neue Methode zur Erzeugung hochporöser Gläser für die molekulare Separation.
Metall-organische Gerüstverbindungen (Metal-Organic Frameworks, MOFs) sind Hybridmaterialien, die aus Metallionen und organischen Linkern bestehen und ein kontinuierliches Netzwerk bilden. Mit ihrer hohen Porosität und ihrem modularen Aufbauprinzip haben MOFs in den letzten zwei Jahrzehnten großes Interesse in den Bereichen Gasadsorption und -trennung, ionische Leitung und Katalyse geweckt. In einer aktuellen Publikation in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications stellt die Forschungsgruppe um Prof. Sebastian Henke eine neue Strategie zur Herstellung hochporöser MOF-Gläser vor, die neue Möglichkeiten für industrielle und technologische Anwendungen eröffnet.
Die Aufreinigung von industriell wichtigen Kohlenwasserstoffen wie Propylen, einem Grundbaustein für diverse Chemikalien und Kunststoffe, ist ein energie- und kostenintensiver Prozess. Das liegt daran, dass das wertvolle Propylen für die Weiterverarbeitung von Propan separiert werden muss. Beide Gase haben aber sehr ähnliche physikalische Eigenschaften (Siedepunkt, Dampfdruck) und können deshalb nur aufwendig durch thermische Destillation voneinander getrennt werden. Der Arbeitskreis von Prof. Sebastian Henke sucht nach neuen Materialien für die Lösung dieses Problems und hat nun eine bahnbrechende Methode entwickelt, um hochporöse MOF-Gläser herzustellen, die für die effektive Trennung von Propan und Propylen eingesetzt werden können.
Durch die Verwendung der sogenannten "Solvent-Assisted Linker Exchange" (SALE) Methode konnten die Wissenschaftler um den Doktoranden Wen-Long Xue MOF-Derivate erzeugen, die Phasenübergänge vom kristallinen Zustand zur Flüssigkeit und schließlich zum Glas durchlaufen. Diese Methode beinhaltet den teilweisen Austausch der organischen Linker innerhalb des MOF mit solchen, die schwächere Metall-Linker-Bindungsstärken aufweisen. Dieser Austausch führt zu einer erhöhten strukturellen Flexibilität und ermöglicht es den MOF-Derivaten, beim Erhitzen zu schmelzen und beim Abkühlen zu einem porösen MOF-Glas zu erstarren. Durch systematische Variation der relativen Anteile von drei unterschiedlichen organischen Linkern konnte die Wissenschaftler ein komplexes Phasendiagram ableiten, welches die Kompositionsbereiche für die Bildung von kongruenter Schmelze und Glas beschreibt. Untersuchungen der Arbeitsgruppe von Prof. Rasmus Linser mit der Festkörper-Kernresonanzspektroskopie trugen zu einem besseren Verständnis der Durchmischung der verschiedenen Linker in den unterschiedlichen MOF-Phasen bei.
Während sich viele MOFs bei hohen Temperaturen irreversibel zersetzen, bevor sie schmelzen können, ermöglicht der Linkeraustausch durch den SALE-Prozess den Erhalt der chemischen Struktur der organischen MOF-Bausteine bis zur Schmelz- und Glasbildung. Dies führt zu einem deutlich höheren spezifischen Porenvolumen (ungefähr 0,20 cm3/g) als bei bisher bekannten MOF-Gläsern (ca. 0,12 cm3/g). Gasphysisorptionstests zeigten, dass diese neuen MOF-Gläser viel größere Mengen an technologisch relevanten C3- und C4-Kohlenwasserstoffen adsorbieren können als bisherige Varianten. Dabei kann Propylen effizient von Propan trennen werden, da ersteres viel schneller durch die Poren des MOF-Glases wandert als letzteres.
Der innovative Ansatz der Linkeraustauschstrategie eröffnet neue Wege zur Herstellung schmelzbarer und glasbildender MOFs aus der großen Anzahl von bisher nicht-schmelzbaren MOFs, die in der Literatur beschrieben sind. Diese Fortschritte sind nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern haben auch erhebliche industrielle Relevanz, da sie die Grundlage für die Entwicklung hochporöser, verarbeitbarer Materialien für verschiedene technologische Anwendungen bilden könnten. Besonders in der Membrantechnologie könnten diese neuen MOF-Gläser zukünftig eingesetzt werden, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Trennprozessen deutlich zu verbessern.
Diese Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, markieren einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der MOF-Gläser und bieten vielversprechende Perspektiven für die zukünftige Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.
Gefördert wurde dieses Projekt von der DFG (Projektnummer 447344931), dem China Scholarship Council und dem Fonds der Chemischen Industrie.
Zur Publikation:
Highly porous metal-organic framework liquids and glasses via a solvent-assisted linker exchange strategy of ZIF-8
W.-L. Xue, P. Kolodzeiski, H. Aucharova, S. Vasa, A. Koutsianos, R. Pallach, J. Song, L. Frentzel-Beyme, R. Linser, S. Henke
Nat. Commun. 2024, 15, 4420.