Archiv 2021
Die Fakultät für Chemie und Chemische Biologie trauert um Herrn Prof. Huber
- Neues aus der Fakultät 2021
Herr Prof. Huber gehörte zu den Gründungsvätern und prägenden Persönlichkeiten nicht nur der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie, sondern der TU Dortmund insgesamt. Er verstarb am 22. September 2021.
Prof. Huber kam 1968 von der RWTH Aachen zusammen mit dem Gründungsrektor Prof. Martin Schmeißer nach Dortmund und hat in unermüdlicher Arbeit, mit bewundernswerten strategischen Fähigkeiten, hochschulpolitischem Weitblick und diplomatischem Geschick die Grundlagen gelegt für das, was die Fakultät für Chemie und Chemische Biologie heute ist, eine moderne vorzüglich ausgestattete hochproduktive Stätte für Lehre und Forschung in NRW, in der Bundesrepublik Deutschland und weit darüber hinaus. Im Jahre 1994 wurde er emeritiert.
In seiner aktiven Zeit als Lehrstuhlinhaber für Anorganische Chemie hat er die Fakultät mit seiner immer korrekten und zuverlässigen, geradlinigen, schnörkellosen Art entscheidend geprägt. Er war ein Gentleman bester Schule, mit Stil, hohem Verantwortungsbewusstsein und einer großen natürlichen Ausstrahlung, der man sich nicht entziehen konnte. Auf das Wort von Friedo Huber war immer Verlass. Besondere Verdienste erwarb er sich um die Etablierung einer auf kollegialen Entscheidungsformen beruhenden Fakultätsstruktur mit dem Motto „Im Konsens agieren statt getrennt reagieren“ sowie bei der Konzipierung und Durchsetzung der Idee der „Gemeinsamen Einrichtungen“, die die Dortmunder Chemie zu den apparativ bestausgestatteten Chemiefachbereichen Deutschlands machten, mit garantiertem Zugang zu den Großgeräten für alle Arbeitskreise. Ein ganz Großer hat tiefe Spuren und ein festes Fundament hinterlassen, auf dem die nachfolgenden Generationen aufbauen konnten und weiterhin können. Was wir ererbt haben von unseren Gründungsvätern, erwerben und entwickeln wir es weiter, um es zu besitzen. Dieser modifizierte Satz des klassischen Humanitätsideals trifft zu auf das Erbe von Friedo Huber. Friedo Huber wird uns in allerbester Erinnerung bleiben.
Prof. Dr. Friedo Huber wurde am 4. Juni 1929 in Nürnberg geboren. Im Jahre 1949 erwarb er an der Oberrealschule in Nördlingen das Abitur und damit die Hochschulreife. Er entschied sich für das Fach Chemie und studierte es sowohl an der Ludwig-Maximilians-Universität München als auch an der Karl-Franzens-Universität Graz. Unter der Anleitung von Herrn Prof. Dr. Martin Schmeißer arbeitete er von 1955 bis1956 an seiner Diplomarbeit über die Chemie des Stickstofftrifluorids und verteidigte sie erfolgreich. Anschließend beschäftigte er sich im Rahmen seiner Promotion im Arbeitskreis von Prof. Schmeißer mit der Elektrofluorierung stickstoffhaltiger Verbindungen und wurde 1959 an der LMU München mit Auszeichnung promoviert.
Zwischenzeitlich war er bereits zusammen mit Herrn Prof. Schmeißer an die RWTH Aachen gewechselt. Unter der Mentorenschaft von Schmeißer habilitierte sich Friedo Huber 1966 an dieser Universität, bekam die Venia Legendi verliehen und wurde zum Privatdozenten ernannt. Der Titel der Habilitationsschrift lautete „Untersuchungen über die Darstellung, die Konstitution und die chemischen Reaktionen verschiedener Klassen von Bleiverbindungen – gleichzeitig ein Beitrag zur Frage des 'Inert Pair Effect". Es folgte ein weiteres Jahr angefüllt mit Lehre, Forschung und akademischer Selbstverwaltung in verschiedensten Gremien an der RWTH Aachen, bevor er 1968 gemeinsam mit Schmeißer den Weg nach Dortmund antrat, mit viel Erfahrung aus Aachen im Gepäck, Enthusiasmus zur Bewältigung neuer Herausforderungen im Herzen und der Ernennung zum Ordentlichen Professor auf einen Lehrstuhl für Anorganische Chemie in der Tasche.
Am 14. Mai 1969 hielt Friedo Huber die allererste Vorlesung an der neu gegründeten Universität: eine Vorlesung über Analytische Chemie! Und die Herausforderungen waren riesig, denn es ging um die Schaffung einer neuen Universität im Allgemeinen und einer Chemiefakultät im Speziellen. Da ging es um die Konzipierung eines völlig neuen Campus‘ auf der „grünen Wiese“, um Strukturpläne, um Studienordnungen und vieles mehr; und alles verbunden mit einem enormen, heute kaum mehr vorstellbaren, Zeit- und Arbeitsaufwand in den verschiedensten Kommissionen und Ausschüssen. Durch seine langjährige Tätigkeit als Mitglied im Senat, im Konvent und als Vorsitzender der Haushaltskommission hat der die Strukturen der Hochschule entscheidend mitgeprägt.
In der Grundlagenforschung hat sich Friedo Huber der Synthese, strukturellen Charakterisierung und Untersuchung der biologischen Aktivität von Organometallverbindungen der Elemente der 4. und 5. Hauptgruppe gewidmet, einem zur damaligen Zeit sehr aktuellen Gebiet der Anorganischen Chemie. Zweihundert Veröffentlichungen in renommierten Zeitschriften und sechs Patente resultierten aus diesen Forschungsaktivitäten.
Prof. i. R. Dr. Klaus Jurkschat