Anionen-bindende Nano-Käfige als Rezeptoren und Reagenzien
- Neues aus der Fakultät 2025
Mechanisch ineinander verschachtelte Moleküle wie Catenane, Rotaxane und Knoten bestehen aus nanometergroßen Komponenten, die nicht durch klassische chemische Bindungen, sondern durch topologische Verflechtungen – ähnlich den Gliedern einer Kette – miteinander verbunden sind. Von besonderem Interesse sind strukturell komplexe, hochfunktionale Vertreter solcher „Supramoleküle“ genannten Verbindungen, die sich geschickt aus einfach zugänglichen Bausteinen als „sich selbst lösende, molekulare Puzzle“ zusammensetzen lassen.
Nach dem Vorbild der Natur bieten diese zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in der molekularen Erkennung, dem selektiven Transport, der Katalyse sowie als Bausteine molekularer Maschinen. Während die metallvermittelte Selbstassemblierung zu den wirkungsvollsten Ansätzen für den Aufbau solch verflochtener Strukturen zählt, wurde der gleichzeitige Einsatz unterschiedlicher Metallionen bislang selten beschrieben. Insbesondere liegt dies an der Schwierigkeit, verschiedene Metalle präzise innerhalb einer supramolekularen Architektur anzuordnen.
In ihrer Arbeit vermied das Team um Prof. Clever nun den naheliegenden Ansatz zur Erzeugung solcher metallbasierter verflochtener Supramoleküle: die direkte Komplexierung organischer Brücken-Bausteine mit zwei verschiedenen Metallen, die in der Regel unselektiv verläuft und bis zu 576 verschiedene Produkte ergeben würde. Stattdessen kombinierten sie die metallvermittelte Selbstassemblierung mit dynamisch-kovalenter Chemie. Diese Strategie ermöglichte die selektive Bildung eines einzelnen Isomers eines heterometallischen, vierfach verflochtenen Pt2Pd2L8 Käfig-Catenans als Hauptprodukt. Die Struktur wurde durch eine Vielzahl von analytischen Methoden bestätigt und durch quantenchemische Berechnungen gestützt.
Die besondere Anordnung der Metalle in dieser Struktur – kinetisch inerte Pt(II)-Ionen an der Peripherie und labile Pd(II)-Ionen im Inneren – verleiht dem heterometallischen Käfig-Catenan eine bemerkenswerte Stabilität im Vergleich zu monometallischen Analoga. Der Käfig bindet Halogenid-Anionen mit sehr hoher Affinität, was ihn für Anwendungen als robuster Rezeptor und Reagenz interessant macht. Erste Experimente beweisen eine effiziente Extraktion von Halogenatomen aus organischen Substraten, gefolgt von deren Umwandlung in die entsprechenden Alkohole. Diese Ergebnisse positionieren solch heterometallische, mechanisch verflochtene Moleküle als vielversprechende Plattform für die Anionen-Sensorik, Halogenid-Abtrennung und Anionen-bindende Katalyse.
Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Graduiertenkollegs GRK2376 („Confinement-controlled Chemistry“) und der Exzellenzstrategie im Cluster RESOLV, EXC2033 (www.solvation.de), sowie vom European Research Council im Rahmen des Horizon Europe Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowship Programms gefördert.
S. Ganta, A. S. Mikherdov, A. Baksi, C. Drechsler, G. H. Clever,
A Robust Heterometallic Pt2Pd2L8 Double Cage Catenane
Angew. Chem. Int. Ed. 2025, e202516952.