Team um Dr. Leif Dehmelt entschlüsselt grundlegenden Mechanismus in der Zellmigration
- Neues aus der Fakultät 2024
Die Forschungsgruppe um Dr. Leif Dehmelt hat überraschende Ergebnisse zur Zellmigration in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert. Das Team konnte zeigen, dass die Kopplung von zwei Signalmolekülen aus der Gruppe der Rho-GTPasen steuert, ob sich Zellen zielgerichtet oder unkontrolliert fortbewegen. Diese Erkenntnisse könnten dabei helfen, die Metastasierung von Krebs besser zu verstehen.
Um eine Wunde zu heilen oder um einen Entzündungsherd in der Immunreaktion zu finden, müssen Zellen in komplexen Geweben migrieren; d.h. sie „wandern“, um ihren Zielort zu erreichen. Damit sie sich fortbewegen können, ändern sie ihre Form: Sie bilden Fortsätze im vorderen Bereich und kontrahieren, ähnlich wie ein Muskel, im hinteren Bereich. Dabei bewegen sich die Zellen im besten Fall direktional, also zielgerichtet, um z.B. eine Wunde zu schließen. Wird dieser Mechanismus gestört, kann dies zu unkontrollierter, nicht-direktionaler Zellmigration führen, wie zum Beispiel bei der Krebsmetastasierung.
Bisher wurde angenommen, dass die zielgerichtete Bewegung dadurch gesteuert wird, dass sich bestimmte Signalmoleküle, die sogenannten Rho-GTPasen, gegenseitig hemmen. Um dies zu überprüfen, hat die Gruppe um Dr. Dehmelt Mikroskopie-basierte Sensor-Techniken weiterentwickelt, welche die Aktivität der Signalmoleküle in lebenden Zellen sichtbar machen. Diese Techniken haben die Forschenden mit schnell wirkenden und lichtbasierten Störungsmethoden kombiniert und so die funktionale Interaktion zwischen verschiedenen Arten der Rho-GTPasen untersucht.
Signalstoffe interagieren und beeinflussen Fortbewegung der Zelle
Mittels dieser Methoden konnten die Wissenschaftler*innen klar zeigen, dass die Rho-GTPase Rac1 nur in Zellfortsätzen und die verwandte Rho-GTPase RhoA nur in Zellkontraktionen aktiv sind. Anders als bisher angenommen, hemmen sich Rac1 und RhoA aber nicht gegenseitig; stattdessen beeinflusst Rac1 RhoA positiv und aktiviert diese. Das Team vermutete, dass diese unerwartete Kopplung eine Rolle bei der Generierung der dynamischen Zyklen aus abwechselnden Zellfortsätzen und Zellkontraktionen spielt. Um diese Hypothese zu testen, war es zunächst notwendig, zu entschlüsseln, durch welchen Mechanismus Rac1 RhoA aktiviert. Die Gruppe fand heraus, dass dies durch die Signalmoleküle Arhgef11 und Arhgef12 erfolgt, welche selbst von Rac1 aktiviert werden und dann RhoA aktivieren können. Durch experimentelle Manipulation der Konzentration dieser Signalmoleküle ließ sich zeigen, dass diese tatsächlich die dynamischen Zyklen von Zellfortsätzen und Zellkontraktionen antreiben.
Mit dieser Forschung konnte die Gruppe zeigen, dass die Interaktion der beiden Signalmoleküle Rac1 und RhoA, die dynamischen Zyklen während der Zellmigration beeinflusst und damit auch bestimmt, wie zielgerichtet sich Zellen bewegen. Zellen mit weniger dynamischen Zyklen ändern ihre Richtung weniger häufig und migrieren dadurch zielgerichteter. Da Arhgef11 und Arhgef12 bekannte Tumor-assoziierte Gene sind, vermuten die Wissenschaftler*innen, dass die erhöhte Konzentration dieser beiden Signalmoleküle zu einer zu starken Kopplung von Rac1 und RhoA führen und somit die unkontrollierte Migration von Krebszellen fördern könnte.
Ein großer Anteil der Forschungsarbeiten wurde durch das Heisenberg-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft und die Mercator Stiftung finanziert. Neben Dr. Leif Dehmelt von der TU Dortmund und Prof. Perihan Nalbant von der Universität Duisburg-Essen waren auch Kooperationspartner von der Umeå Universität in Schweden beteiligt.