Zum Inhalt

Mit Mechanochemie zu porösen Gläsern

-
in
  • Neues aus der Fakultät 2024

Die Arbeitsgruppe Henke berichtet im Journal „An­ge­wand­te Chemie“ über eine innovative Strategie zur Her­stel­lung poröser Gläser durch Mechanochemie

Gläser aus metallorganischen Gerüstverbindungen (MOF-Gläser) sind für ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten in der Gastrennung, Optik und als Festkörperelektrolyte bekannt. Diese Materialien profitieren besonders von der Verarbeitbarkeit ihres unterkühlten flüssigen Zustands. Traditionell werden MOF-Gläser durch Erhitzen von MOF-Kristallen bis zu ihrem Schmelzpunkt und anschließendes schnelles Abkühlen auf Raumtemperatur unter einer inerten Gasatmosphäre hergestellt. Obwohl diese Methode des Schmelzabschreckens effektiv ist, erfordert sie hohe Temperaturen und damit einen erheblichen Energieaufwand. Zudem ist diese Technik auf thermisch hochstabile Kombinationen von Metallionen und organischen Linkern beschränkt, was die Ent­wick­lung neuer Materialien einschränkt. In einer aktuellen Veröffentlichung in der renommierten Fachzeitschrift An­ge­wand­te Chemie präsentiert die Arbeitsgruppe um Prof. Sebastian Henke eine innovative Strategie zur Her­stel­lung poröser MOF-Gläser durch Mechanochemie. Diese Methode eröffnet neue Möglichkeiten für technologische Anwendungen, indem sie die Materialentwicklung flexibler und energieeffizienter gestaltet.

Es ist bereits bekannt, dass kristalline MOFs durch mechanisches Mahlen in einer Ballmühle bei Raumtemperatur in amorphe Phasen umgewandelt werden können. Die spezifischen Bedingungen, unter denen diese amorphen Phasen ein glasähnliches Verhalten zeigen, sind jedoch noch nicht erforscht. In dieser Studie untersuchte ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung des Doktoranden Wen-Long Xue die mechanochemische Amorphisierung und Verglasung einer Reihe von zeolithischen Imidazolat-Gerüstverbindungen (ZIFs), einer wich­ti­gen Untergruppe der MOFs, bei Raumtemperatur.
Viele der untersuchten ZIFs zeigten innerhalb von fünf Minuten nach dem Kugelmahlen eine Verglasung mit niedriger Glasübergangstemperatur, während andere zwar amorphisieren, aber kein glasartiges Verhalten aufweisen. Bemerkenswert ist, dass mit dieser Methode auch kristalline ZIFs in den Glaszustand überführt werden konnten, die aufgrund ihrer geringen thermischen Stabilität nicht schmelzen. So konnten die Wissenschaftler erstmals ein ZIF-Glas auf Basis von Cu-Ionen herstellen, was aufgrund der geringen thermischen Stabilität der Kupfer-MOFs auf herkömmlichem Wege nicht möglich ist. Darüber hinaus zeigte sich, dass die intrinsische Porosität der durch Mechanochemie hergestellten Gläser vergleichbar mit der der konventionellen schmelzabgeschreckten Varianten ist.
Die Her­stel­lung von MOF-Gläsern durch Kugelmahlen bei Raumtemperatur kann nicht nur energieeffizienter sein als die herkömmliche thermische Methode, sondern ermöglicht potenziell auch die Integration thermisch empfindlicher Materialien, wie funktionaler organischer oder metallorganischer Moleküle, in vielseitige MOF-Glasverbundwerkstoffe. Dieser Ansatz erweitert das Spektrum möglicher Anwendungen und ebnet den Weg für die Ent­wick­lung multifunktionaler MOF-Glasverbundwerkstoffe, die dadurch in vielfältigere Anwendungsbereiche vordringen können.
Dieses Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem China Scholarship Council und dem Fonds der Chemischen Industrie gefördert.

Zur Pub­li­ka­tion:

W.-L. Xue, C. Das, J.-B. Weiß, S. Henke., Insights into the Mechanochemical Glass Formation of Zeolitic Imidazolate Frameworks, Angew. Chem. Int. Ed. 2024, e202405307.