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Neues aus der Fakultät

Archiv 2023

Schaltbare Nanostrukturen auf Basis des Farbstoffs Azulen

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  • Neues aus der Fakultät 2023
Grafikillustration © AK-Clever​/​TU Dortmund

Selbst-Assemblierte Koordinationskäfige bilden eine große Untergruppe von Wirtsystemen mit nanometergroßen Hohlräumen, die im Gebiet der supramolekularen Chemie untersucht werden. Sie werden durch die Kombination von organischen Mo­le­kü­len, so genannten "Liganden", und Metallkationen hergestellt und bieten zahlreiche attraktive Eigenschaften, z.B. bei der spezifischen molekularen Er­ken­nung („Wirt-Gast Chemie“), sowie als biologisch-inspirierte Reaktionskammern im Nanomaßstab („künstliche Enzyme“). Die Gruppe um Prof. Dr. Guido Clever von der TU Dortmund beschäftigt sich mit der Ent­wick­lung von Synthesestrategien zur schrittweisen Erhöhung der strukturellen und funktionellem Komplexität solcher Systeme. Besonderes Interesse liegt hier auf der Einbettung von Chromophoren (Farbstoffen), die die Interaktion der Systeme mit Licht erlauben. Alexandre Walther, GRK2376-geförderter Doktorand der Arbeitsgruppe, konnte nun zeigen, dass ein solcher Käfig seine Größe, Form und Zusammensetzung allein durch die Wechselwirkung mit einem Gastmolekül ändern kann. Dies kann über die Farbe des Systems mit dem bloßen Auge beobachtet werden. Darüber hinaus zeigten die Forscher, dass die Veränderung umkehrbar ist, wenn ein zweiter Käfig zu der Mischung hinzugefügt wird, der den Gast aus der größeren Struktur stiehlt und sie so wieder in ihre ursprüngliche Form und Größe zurückführt.

Grafikillustration © AK-Clever​/​TU Dortmund

Das Team stellte dazu mehrere Koordinationskäfige auf Basis des Chromophors Azulen sowie Kationen des Metalls Palladium her. Azulen ist ein kleiner, bicyclisch-aromatischer Kohlenwasserstoff mit ungewöhnlichen Eigenschaften. Unter anderem zeigt es eine tiefblaue Farbe, was bei solch einfachen und kleinen Mo­le­kü­len selten vorkommt. Als die Wechselwirkung zwischen diesen Käfigen und Gastmolekülen untersucht wurde, machte das Team die Entdeckung, dass sich einer der Käfige nach der Bindung eines Gastes in eine pseudo-tetraedrischen Spezies umwandelt, die zwei Gastmoleküle in ihren nanoskopischen Hohlräumen unterbringen kann. Diese Umwandlung wurde von einem Farbwechsel begleitet und wird vermutlich durch die besondere elektronische Struktur des Azulens begünstigt. Eine Rückwandlung in den ursprünglichen Zustand wurde durch die Zugabe eines zweiten Koordinationskäfigs ermöglicht, der den Gast stärker bindet und somit aus dem Tetraeder entfernt. Das hier beschriebene supramolekulare System steht beispielhaft für komplexe und reversible chemische Umwandlungen, wie sie auch in biologischen Systemen zu beobachten sind, bildet sich dabei aber aus sehr einfachen Bau­stei­nen. Die Arbeit ist Teil einer breiteren Projektlinie des Clever Lab, welche sich mit der Emergenz von Komplexität und stimuli-responsivem Systemverhalten auf Basis einfacher Bausteine und dynamischer Wechselwirkungen in Lösung beschäftigt. Die Ergebnisse dieser Arbeiten helfen beim Verständnis vergleichbarer biologischer Vorgänge und bieten das Potential, maßgeschneiderte Nanosysteme mit Anwendungen, z.B. in der Diagnostik, che­mi­schen Signalverarbeitung und Katalyse zu entwickeln.

Die Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das Graduiertenkolleg GRK2376 sowie den Exzellenzcluster RESOLV (EXC2033) gefördert und im Journal of the American Chemical Society (JACS) veröffentlicht:

"Guest-induced Reversible Transformation between an Azulene-based Pd2L4 Lantern-shaped Cage and a Pd4L8 Tetrahedron"
A. Walther, I. Regeni, J. J. Holstein, G. H. Clever,  J. Am. Chem. Soc. 2023, DOI: 10.1021/jacs.3c09295

Ar­beits­kreis Clever